Comic Kritiken

Kritik – Family Tree 1 – Horror-Roadtrip von Jeff Lemire – Splitter Verlag

Sweet Tooth, Black Hammer, Descender oder Gideon Falls – Die Liste an Hits aus der Feder des kanadischen Autors Jeff Lemire ist mittlerweile vieles, aber nicht kurz. Mit Family Tree nimmt uns der mit dem Eisner Award prämierte Autor mit auf einen packenden Horror-Roadtrip. Der erste von drei Bänden erschien jüngst im deutschen Splitter Verlag. Doch kann die Geschichte inhaltlich an die großen Hits Lemires anschließen, oder lässt der Autor nach?

Loretta und ihre beiden Kinder leben in einer amerikanischen Kleinstadt, als plötzlich alles aus dem Ruder läuft. Urplötzlich berichtet ihre Tochter von einer seltsamen Infektion, die sich das Mädchen scheinbar eingefangen hat. Schnell wird jedoch klar, dass es sich dabei um keinen normalen Infekt handelt – sie verwandelt sich langsam in einen Baum! Loretta sieht sich gezwungen eine Lösung zu finden und reist fortan durch das ganze Land, um eine Heilung zu finden. Unterstützt wird sie dabei nicht nur von ihrem pubertierenden Sohn – wie aus dem Nichts erscheint Ihr Schwiegervater. Als sie jedoch von einer Vielzahl von Feinden umgeben sind realisiert die Gruppe, dass womöglich mehr dahinter steckt als sie annehmen…

Eines muss man Jeff Lemire ja lassen. Die Ideen scheinen ihm nicht auszugehen. Denn neben Arbeiten für die großen Verlage wie Marvel (Old Man Logan, Moon Knight) oder DC Comics (Joker: Killer Smile), arbeitet der Kanadier regelmäßig an eigenen Werken. Eines davon ist das uns vorliegende Family Tree. Die Thematik ist dabei jedoch keine gänzlich neue. Generell ähnelt die Atmosphäre der Geschichte in gewisser Hinsicht der, welche wir in Sweet Tooth erleben. Menschen werden hier zwar nicht als Tier-Hybriden geboren, doch parallelen sind nicht von der Hand zu weisen. Trotzdem hebt sich Family Tree mit Leichtigkeit von den übrigen Publikationen ab und sorgt schnell für Spannung.

Welche Folgen hat die Infektion? (Bild: Splitter Verlag/Renes Nerd Cave)
Welche Folgen wird die Infektion wohl haben? (Bild: Splitter Verlag/Renes Nerd Cave)

Family Tree – Stammbaum mal anders

Inhaltlich bietet die Geschichte auf ihren knappen hundert Seiten durchaus viel Input. Gleich am Anfang erfahren wir, das bestimmte Vorkomnisse das Leben der Menschen scheinbar nachhaltig verändert haben. Läuft etwa alles auf eine Dystopie hinaus? Danach beschäftigt sich die Handlung eher mit den Figuren und der „Problematik“. Dadurch entsteht eine angenehme Dynamik aus Gegenwart und Vergangenheit. Auch die Chance die Charaktere gleich am Anfang etwas näher kennenlernen zu dürfen, weiß zu gefallen. Für den weiteren Verlauf ist das auch unabdingbar. So entwickelt die Handlung nämlich eine entsprechende Tiefe, welche in späteren Punkten zu tragen kommt. Leerlauf entsteht zu keinem Zeitpunkt. Die Handlung ist dabei nicht nur spannend und kurzweilig, sie ist in vielerlei Hinsicht sogar nachvollziehbar, was eine große Stärke ist.

Optisch wurde Family Tree von Phil Hester dargestellt. Seine Zeichnungen sind oftmals markant und haben ihren ganz eigenen Stil. Wenngleich die Optik durchaus Geschmackssache sein kann, kann ich gewiss sagen, dass man sich recht schnell daran gewöhnt. Durch die eher düster anmutende Farbgebung entsteht eine dichte Atmosphäre, welche zum Inhalt passt. Trotz allem besitzt Family Tree auch Kritikpunkte. Zum aktuellen Stand sollte man noch keinen Hit wie Gideon Falls erwarten. Zwar bieten beide Horror-Titel ihre ganz eigenen Reize, diesem hier fehlt es dabei jedoch (noch) an Substanz und Tiefgang. Wenn Gegner-Scharen urplötzlich umgeholzt werden wie Rambo es nicht besser könnte, wirken solche Szenen durchaus übereilt. Hinsichtlich der Action wäre eine etwas ruhigere Gangart wünschenswert gewesen.

Wer ist der ominöse alte Mann in Family Tree? (Bild: Splitter Verlag/Renes Nerd Cave)
Wer ist der ominöse alte Mann? (Bild: Splitter Verlag/Renes Nerd Cave)

Das Fazit:

Family Tree 1: Setzling ist der gelungene Auftakt eines potenziellen, neuen Hits von Jeff Lemire. Zwar fehlt es der Geschichte zum jetzigen Stand noch an der nötigen Substanz und der Quintessenz, das Grundgerüst steht aber und weiß zu gefallen. Das liegt vor allem an der ergreifenden Tragik und den Emotionen hinter der Familiengeschichte. Wenn die kleinen Kritikpunkte in den beiden kommenden Bänden abgelegt werden können, hat die Reihe definitiv Hit-Potential. Jeff Lemire enttäuscht mich nie. Daher bin ich auch hier zuversichtlich. Genre-Fans können bedenkenlos zugreifen.

Bewertung: 3.5 von 5.
  • Erstveröffentlichung: 26.05.2021
  • Autor: Jeff Lemire
  • Zeichner: Phil Hester
  • Seiten: 96
  • Preis: 19,80€
  • Format: Hardcover
  • Verlag: Splitter Verlag
  • Genre: Horror/Mystery

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