Retrospektiv: Marvel Weekly Comics – Druckerschwärze, Reprints und kaum Farbe
Marvel Weekly Comics – ein Konzept, welches heute fast undenkbar erscheint. Magazin große Hefte, welche qualitativ mehr einem Tagesblatt glichen als einem Comicheft. Getränkt von Druckerschwärze und spärlicher Farbgestaltung. Im Großbritannien der Siebziger und Achtziger Jahre, hatte Marvel Comics es nicht einfach. Spider-Man, Thor und Co. wurden schlichtweg in wöchentlich erscheinenden Heften reprinted unter dem Banner von Marvel UK. Wie es dazu kam und wie so ein Heft aussah? Bleibt dran, es wird retrospektiv!
Marvel UK wurde Anfang der 1970er Jahre ins Leben gerufen. Im United Kingdom sollten nach Kriegsende vor allem einheimische Autoren und Kreative gefördert werden. Importe wurden nahezu komplett verbannt. Daher war es für UK Leser zu dieser Zeit schwer, amerikanische Comicfiguren zu konsumieren. Zwar lagen die Rechte für Veröffentlichungen von Marvel bzw. DC Comics einigen Bewerbern vor, doch so richtig ins Rollen kam es nie. In den 1960er Jahren wurden Ausgaben von Spider-Man, den Fantastic Four und Co. veröffentlicht. Doch aufgrund der wöchentlichen Lesegewohnheiten der Briten, galt es eine Marktlücke zu schließen. Die Zeit von Marvel UK und den The Mighty World of Marvel Weeklys war geboren. Wöchentliche Hefte mit Reprints. Lediglich die erste Seite war gänzlich in Farbe, der Rest besaß eine Teilfärbung. Diese Hefte beinhalteten allerhand Storys. Von Spider-Man über Thor, Hulk oder den X-Men.

Da sich die Hefte zunehmender Beliebtheit erfreuten, wurden irgendwann die Spider-Man Comic Weeklys eingeführt. Diese hatten nicht nur die Besonderheit, dass sie eine gesamte US Ausgabe der beliebten Comics beinhalteten. Auch Thor wurde darin abgedruckt. Zwei Fliegen, mit einer Klatsche. Auch hier wurden nur wenige Farben genutzt. Hauptsächlich rote Spot Colorings kamen zum Einsatz. Was in Frank Millers Sin City einige Jahre später als Stilmittel galt, wurde hier schlicht zum Standard. Auch wenn es sich um den UK Ableger gehandelt hat, wurde dieser durch das New Yorker Marvel Büro betreut.
Marvel Weekly Comics – Sammeln im Wandel der Zeit
Wer alte Comics sammelt weiß, dass das Format der Hefte im Golden Age (1938 – 1956) größer war als jenes, welches wir seit dem Modern Age gewohnt sind. Vergleichen wir ein Marvel Weekly Comic mit einem Golden Age Heft, fällt relativ schnell auf, dass es eine ähnliche Größe besitzt. Interessant ist jedoch, dass diese Hefte sogar größer sind, als ein Golden Age Heft. Dieser Faktor ist vor allem dann interessant, wenn man es zum Comic Grading senden möchte. Dann muss nämlich ein „Magazine Grading“ gewählt werden, ähnlich wie bei DC Black Label Titeln. Die Grading Slabs sind in diesem Fall ebenso größer. Obacht, wer Wert auf ein gleichmäßiges Bild im Regal setzt *zwinker*.

Vor allem qualitativ zeigen sich deutliche Unterschiede. Sicherlich ist es kein Geheimnis, dass einige der alten Hefte aus Golden und Silver Age (1956 – 1970) qualitativ eher wenig mit dem heutigen Standard zu vergleichen sind. Auch dort findet man gelegentlich Spuren von Druckerschwärze und sonstigen Unreinheiten. Die Marvel Weekly Comics haben dem jedoch nochmal eine Schippe drauf gelegt. Nahezu kein Heft kam ohne solche Spuren aus. Es ist fast schon ironisch, wie sehr die Cover mit Tinte etc getränkt sind. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Hefte in einer Tagesblatt ähnlichen Form veröffentlicht wurden. Aufgrund der Wochenbasis und den günstigen Prozessen, litt die Qualität. Dies wird nochmal mehr deutlich, wenn man ins Innere der Hefte blickt. So finden sich zumeist nur drei Farben in den Ausgaben. Schwarz, rot und weiß. Was heutzutage Limited Series werden wie Moon Knight: Black, White & Blood, war im UK der Siebziger der Marvel Standard.
Must Have oder eher „Nice to have“?
Ob sich ein Investment in Marvel Weekly Comics rentiert? Diese Frage muss man in Relation stellen. Wer auf Comics der Golden oder Silver Age Zeitspannen Wert legt oder ein gewisses Faible dafür besitzt, dürfte zweifelsfrei seinen Spaß an den UK Heften haben. Möchte man sein Spezialgebiet etwas wegbewegen von den üblichen Verdächtigen, den Marvel Helden aber treu bleiben, kann sich der Fokus auch lohnen. Grundsätzlich verhält es sich aber auch hier, wie mit allen anderen Heften. Einige steigen im Wert, andere bewegen sich im einstelligen Euro-Bereich. Lohnenswert kann es jedoch sein, wenn man diverse Reprints von Key-Issues ergattert. Meine hier gezeigte Ausgabe beinhaltet den ersten Auftritt von Molten Man (Origial: US Amazing Spider-Man #131, 1974). Die US Ausgabe ist eine eher mittelpreisige Key-Issue. Die Wertigkeit kann sich also relativ auf Augenhöhe begegnen, je nach Zustand der Hefte.
Key-Issue? – Eine Key-Issue ist ein Comic Heft, welches ein bestimmtes Ereignis oder ein ikonisches Cover trägt. Beispielsweise den ersten Auftritt eines Charakters, dem Start einer Event-Story oder schlicht den Übergang einer Reihe in eine neue Reihe. Cover wie Batman #251 (Neal Adams Artwork) oder Batman #423 (Todd McFarlane Artwork) werden als Key-Issues gewertet, da diese in der Comic Welt beliebt und bekannt sind. Im Grading werden solche Informationen meistens auf dem Label festgehalten. Meistens, da es auch selten vorkommt, dass gewisse Key-Facts, also Schlüsselmomente, nicht aufgeführt werden.
Anders sieht es da bei Ereignissen aus, wie dem ersten auftritt eines Erzfeinds (z.B. Green Goblin, Rhino usw). Hier kosten die US Ausgaben teilweise drei bis vierstellige Preise. In solchen Fällen können Weekly Ausgaben eine tolle Alternative sein. Wo die US Ausgabe gerne einmal 650€ im Raw (ohne Grading) Zustand aufruft, kann man das Marvel Weekly Pendant auch mal für unter 100€ ergattern. Ähnlich verhält es sich mit UK Price Variants. Also Heften, welche zwar das US Format besitzen, aber einen Pence Preis aufgedruckt haben. Diese Hefte sind zwischen 1960 und 1981 erschienen. Beispiel: Ich möchte Moon Knight #1 in der Sammlung haben. Da es mir eher um das Heft selbst geht und nicht um die Wertigkeit, ist das UK Variant ein toller Kompromiss.

Ein altes Relikt
Blickt man abschließend auf die Marvel UK und Weekly Comics Thematik, welche die Sechziger und Siebziger Jahre im Vereinigten Königreich beherrscht hat, ist es fast schon befremdlich, wie kompliziert einige Veröffentlichungen zu dieser Zeit waren. Wenngleich der deutsche Markt hinsichtlich US Comics derzeit einen Rückschritt verbucht, so besteht allseits die Möglichkeit einer Veröffentlichung im US Gewand. Die Ideenfindung und Bereitschaft zu (qualitativen) Kompromissen wirkt wie ein Relikt vergangener Tage, welches es letzlich auch ist. Heutzutage wäre es eher kontraproduktiv, würde eine Comicreihe in einer so minderen Qualität im Vergleich zum Original-Format erscheinen. Aktuell erscheinende Pocket Editions von Klassikern sind zwar kleiner, stehen der Ursprünglichen Veröffentlichung aber nur selten in etwas nach.
Könntet Ihr Euch eine ähnliche Veröffentlichungs-Politik auch heutzutage vorstellen? Schreibt es gerne in die Kommentare oder unter dem entsprechenden Post bei Instagram. Über Eure Meinungen bin ich schon gespannt!
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